Schach in C-Zeiten
Magdeburg war auch
in diesem Sommer wieder Hoch-Effiziensgebiet: Die Schachspieler hielten
Einzug zum Deutschen Schachgipfel. Neben der Deutschen Meisterschaft und
dem Masters sowie den Seniorenturnieren wurde auch der Deutsche Pokal ausgespielt,
bekannt auch als Dähne-Pokal. Hier hatte Sebastian seinen 3.
Platz aus dem Vorjahr zu verteidigen, als er knapp im Halbfinale
ausschied.
Ich hatte mir bereits
2020 vorgenommen, das böse C-Wort hier nicht zu verwenden, aber manchmal
kommen die Dinge, um zu bleiben. Die Auflagen in Magdeburg waren in 2021
noch etwas strenger als in 2020, das DSB-Personal vor Ort ließ aber
z.B. im Stechen auch mal den einen oder anderen Zuschauer hinein. Gespielt
wurde im Zwischendeck (in der Tat!) des Maritim-Hotels, so konnten wir
auch diesmal wieder das Flair der berühmten Seehafenstadt Magdeburg
genießen.
Dies war das erste
Turnier seit Heidelberg
im letzten November, man musste also erst mal sehen, ob die mangelnde Praxis
sich bemerkbar machen würde. Aber darunter leiden ja viele. Eine Qualifikation
für den Pokal auf Bundesebene gab es diesmal in Niedersachsen nicht,
aber man konnte sich für einen der zwei Plätze bewerben. Sebastians
Antrag wurde positiv beschieden. Ansonsten sieht es mit Schachturnieren
in Deutschland weiterhin relativ mau aus, die Gelegenheit musste also wahrgenommen
werden.
Das Turnier
32 Teilnehmer trafen
sich in einem K.O.-System. Wer verliert, spielte aber weiter, so dass jeder
Spieler letztlich auf 5 Runden kam. Tatsächlich nur Spieler, Frauen
waren (traditionell!?) nicht vertreten. Warum das beim Dähne-Pokal
so ist, weiß ich auch nicht. Ein entsprechender Pokal für Frauen
wird auch nicht ausgespielt. Das Turnier scheint generell nicht so attraktiv
zu sein und wird auch in der Berichterstattung etwas stiefmütterlich
behandelt. Was eigentlich schwer verständlich ist: Immerhin geht es
um einen Titel und man kann sich hier auch für die Deutsche Meisterschaft
im Folgejahr qualifizieren.
Die Paarungen der 1.
Runde wurden frei zugelost. Es gab dann eine Langzeitpartie mit 90 Minuten
für 40 Züge + 15 Minuten + 30 Sekunden Inkrement ab dem ersten
Zug. Bei Remis wurden die Farben neu gelost und ein Stechen mit Blitzpartien
gespielt. Dazu und zum Teilnehmerfeld gleich mehr. Blitz ist etwas unbefriedigend,
aber bei Doppelrunden wohl nicht anders machbar. Im Finale hätte man
es aber auch anders lösen können, da dieses am Vormittag stattfand
und die Siegerehrung erst am Abend.
Die ersten zwei
Runden
Sebastian rechnete
sich in diesem Turnier durchaus etwas aus, z.B. Platz 3 aus dem Vorjahr
zu wiederholen oder es noch besser zu machen. Er war immerhin unter den
besten Zehn der Teilnehmerliste, ein wenig Losglück ist natürlich
auch nicht verkehrt. Nur ein Teilnehmer im 2400er-Bereich war am Start.
Das erste Los war vernünftig: Weiß gegen 2050. Hier stand der
Oldenburger schon nach 10 Zügen auf Gewinn, zumindest strategisch.
Um Zug 30 herum gewann er eine Qualität. Der Gegner ließ es
sich etwas lange zeigen, hoffen wir mal, dass sich diese Internet-Gewohnheit
nicht auf das Langschach überträgt.
Interessanter war das
Achtelfinale. Hier traf Sebastian auf seinen Achtelfinalgegner des Vorjahres,
Torsten Schröder, ELO 2150. Damals konnte sich Bast in der Langzeitpartie
aus
prekärer Lage knapp in ein Remis retten und dann das
Stechen gewinnen. Erneut hatte er Schwarz, die Vorbereitung traf aber den
Punkt, und er hätte selbigen dann auch einfahren sollen, jedoch:
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Am Brett in Runde
2
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Torsten Schröder
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Partie
Wie angemerkt hatte
es auch vor der Zeitnot nochmal Chancen gegeben, die Partie zu gewinnen.
Sebastian wollte aber wohl nicht spekulieren und hoffte auf eine Überlegenheit
im Stechen. Fällig waren nun zwei Blitzpartien mit 3 Minuten und 2
Sekunden Inkrement pro Spieler. Die Auslosung gab Bast zunächst Schwarz.
In einer schönen Angriffspartie ging der Unionist in Führung.
Mit Weiß sollte
er nun doch den Sack zumachen können? Leider nicht, sein Angriff schlug
nicht durch, und das Turmendspiel mit Minusbauer war nicht zu halten. Somit
kam es zu einer weiteren Partie - mit Schwarz. Hier war die Stellung lange
ausgeglichen, auch wenn Sebastian etwas mehr drückte. Dies brachte
ihm aber einen großen Zeitvorteil. Am Ende behielt er einen kühlen
Kopf und machte das 2:1. Damit war das Stechen beendet.
Viertelfinale
Im Viertelfinale kam
es zu folgenden Paarungen:
Carlstedt (2442) -
Reck (2120)
Sebastian (2240) -
Weber (2288)
Bracker (2264) - Bosselmann
(2037)
Tiarks (2104) - Malek
(2348)
Die ein oder andere
Überraschung hatte es bis dato bereits gegeben, ein paar Kandidaten
auf den Turniersieg waren ausgeschieden. Das Turnier lief also vernünftig,
kleiner Wermutstropfen war vielleicht, dass die Stellung der 2. Partie
nicht gewonnen wurde. Der jetzige Gegner, der junge FM Samuel Weber, wurde
bereits im letzten
Jahr von Sebastian besiegt. Die Vorbereitung am Abend vorher
saß auch diesmal. Die Inzidenzwerte der Engines deuteten auf einen
schnellen Lockdown der schwarzen Figuren hin. Gedanklich war ich bereits
mit der Vorbereitung auf das Halbfinale beschäftigt, als bei Sebastian
das Drama seinen Lauf nahm:
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Vierteil-Finale
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Sammy Weber
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Partie
Lxh6! Das wäre
Sammy-Final gewesen. So musste man sich mit der Trostrunde begnügen.
Ende des Turniers
In der vorletzten Runde,
am Nachmittag der obigen Partie, musste man sich also neu motivieren. Mit
Schwarz gegen knapp 2000 spielte Bast etwas für ihn Ungewöhnliches,
was auch nicht so theorielastig war. So musste der Kopf von Anfang an da
sein. Die Partie wurde letztlich ein klarer Punkt, hier ein Eindruck von
der entscheidenden Phase:
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In der 4. Runde
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Simon Klotz
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Partie
Das war wirklich sehr
gut gesehen mit Db4 etc. Muss man erst mal so spielen!
Die Schlussrunde ließ
weiterhin die Möglichkeit zu, mit einem Sieg unter die ersten Fünf
zu kommen. Gegner war mit Weiß ein junger Spieler mit 2200 ELO. Am
Vorabend wurde eine Neuerung ausgekocht, unser Fernsekundant Maik lieferte
entsprechende Analysen. Die Variante kam auf das Brett und schlug voll
ein. Erneut hatte Sebastian aber Probleme, die Gewinnstellung umzusetzen,
hier war die Lage aber auch extrem kompliziert:
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Gute Haltungsnoten
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Paul Hinrichs
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Partie
Hier waren die Gewinnmöglichkeiten
nicht so klar wie in der Partie gegen Samuel Weber, aber zumindest verlieren
musste er es am Ende nicht. Gute Vorbereitung. Aber die Delta Variante…
äh, ne: Das Varianten-Delta war hier schon ziemlich umfangreich.
Fazit
Eine Platzierung gemäß
der ELO und ein paar ELO-Verluste - das war nicht das Ziel. Fünf Gewinnstellungen
und 2,5 Punkte, so geht es mir immer im Internet! Eröffnungen waren
also nicht das Problem hier. Zweimal gab es Schwierigkeiten bei taktischen
Komplikationen. Wobei die Lage in der letzten Runde wirklich irgendwann
unübersichtlich wurde. Die dritte Runde gegen Samuel Weber hätte
aber wirklich gewonnen werden sollen. Nun denn!
Hier noch wie immer
der Link zur offiziellen Seite: Link
frank modder, 02.08.2021
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Die Sicherheitsvorkehrungen
in Magdeburg
ließen dem Virus
diesmal keine Chance!
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